Schwingerkönig Joel Wicki meldete sich eindrücklich zurück
Innerschweizer Schwingfest in Seedorf vor 7’800 Zuschauern
Christian Schuler im Kampf gegen Marco Fankhauser
Alex Schulter teilte die Punkte im letzten Geng gegen Jonas Troxler
Der Schlussgang zwischen Joel Wicki und Pirmin Reichmuth endete resultatlos, was für Wicki den vierten Sieg nach 2018, 2022 und 2023 bedeutete. Die Innerschweizer hatten das Geschehen fest in ihren Händen.
W.S. Die Absenzen von Benjamin Gapany und Patrick Gobeli konnten mit Lario Kramer und Adrian Klossner wettgemacht werden. Das erwartungsvolle Publikum erlebte einen turbulenten Auftakt in der frühmorgens prallgefüllten Arena. Knisternde Spannung herrschte als Pirmin Reichmuth und Samuel Giger zusammengriffen. Vorsicht prägte anfangs diesen Kampf der Giganten. Das änderte sich schlagartig, als Reichmuth die Kadenz erhöhte und in der letzten Minute mit Kurz zum Erfolg kam. Joel Wicki stand bei seinem Comeback ganz im Rampenlicht des Interesses. In einem begeisternden Aufeinandertreffen mit Werner Schlegel ging es gleich zur Sache. Sie boten so ganz nach dem Gusto des Publikums viel Spektakel, bis Joel Wicki mit Kurz-Fussstich das bessere Ende für sich hatte.
Negative Ergebnisse bei den Spitzenpaarungen gab es bei den Innerschweizern zu Beginn durch Lukas Bissig und Christian Schuler.
Die Gäste vermochten die zu Beginn eingehandelten Verlustpartien nicht mehr wettzumachen und lagen punktemässig zurück, was die Zwischenrangliste nach drei Gängen widerspiegelt: Joel Wicki führte mit dem Maximum, vor den ebenfalls makellosen Noe van Messel, Jonas Burch und Pirmin Reichmuth. Von den Gästen lagen Andreas Döbeli, Philipp Roth und Samuel Giger noch in Lauerstellung.
Viele fragte sich, ob für die Gastgeber weiter die Sonne scheint oder gemäss den Wetterprognosen Wolken aufziehen würden.
Dies Frage wurde bald einmal beantwortet. Während ausser von Samuel Giger die übrigen Gäste strauchelten, nahmen die Gastgeber so richtig Fahrt auf.
Die Innerschweizer hatten es selber in ihren Händen, den Sieger zu stellen. Für die Gäste wurde es zu einem ein Ding der Unmöglichkeit in ihre Phalanx einzubrechen. Das Rennen um die Schlussgangteilnahme machten Joel Wicki und Pirmin Reichmuth, die beiden grossen Protagonisten des Festes.
Joel Wicki gelang ein eindrückliches Comeback und eine Machtdemonstration seines Könnens. Er demonstrierte von Beginn weg seine gute Form. Ein Beweis dafür, dass er die Zeit nicht unnütz verstreichen liess und das Bestmögliche herausholte. Wie er seine Kontrahenten mit seinem Draufgängertum und wuchtigen Schwüngen durcheinanderwirbelte, war bemerkenswert. Von Beginn weg übernahm er die Führung und gab diese nicht mehr aus den Händen. Der 28-jährige Entlebucher verkörperte in Seedorf eine Klasse für sich und realisierte damit seinen ersten Sieg an einem Kranzfest in dieser Saison ohne jeglichen Makel. Hervorzuheben gilt es seine Siege gegen Matthias Herger und Jonas Burch. «Im Schlussgang ging ich keine Risiken ein, da mir ein Unentschieden für den Tagessieg reichte. Ich wusste aber, dass man gegen Pirmin Reichmuth immer auf der Hut sein muss», hielt er fest.
Pirmin Reichmuth nutzte nach seinem Startsieg die Gunst der Stunde und gefiel mit seiner kompromisslosen Schwingweise. Er liess seinen Kontrahenten nicht den geringsten Spielraum und kam zu schnellen Siegen. Seinen Standschwüngen und seiner zielgerichteten Bodenarbeit vermochten seine Gegner nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Dafür exemplarisch ist der Sieg gegen den Baselbieter Lars Voggensperger. Wie er ihn mit einem Prachtskurz aus den Angeln hob und am Boden vervollständigte, war meisterlich.
Dank eines starken Endspurts klassierte sich Noe van Messel auf dem Ehrenplatz.
Die Gäste aus den anderen Teilverbänden schlugen sich im innerschweizerischen Stahlbad unterschiedlich. Bestklassierter blieb Samuel Giger als Vierter, derweil Werner Schlegel völlig von der Rolle war.
Schwyzer unter den Erwartungen
Von den 32 abgegebenen Kränzen holten wie erwartet die Luzerner mit 13, vor den Zugern (6), den Schwyzern (5), den Ob- und Nidwaldnern (3), den Gästen (3) und den Urnern (2) den Löwenanteil. Nach einem mühsamen Start vermochten sich die Schwyzer aufzufangen und das Fest schien für sie einen guten Ausgang zu nehmen. Doch wie nahe Erfolg und Misserfolg beieinander liegen, brachte der letzte Gang zu Tage. Mit Fredy Bruhin, der auch ein erfolgreicher Ringer ist, und Silvan Appert gab es zwei neue Verbandskranzer. Patrick Betschart und Lukas von Euw vermochten die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen.
Christian Schuler überzeugte
Die Aktiven des Schwingklubs machten ein Wechselbad der Gefühle durch. Adrian Steinauer und Alex Schuler verpassten den Kranz um einen halben Punkt. Für Steinauer war das Eichenlaub nach der Niederlage gegen Matthias Herger ausser Reichweite. Mit einem Plattwurf gegen Hannes Ming beendete er einen mit drei Siegen, zwei Niederlagen und einem Gestellten durchzogenen Wettkampf. Schuler musste zuletzt um den Kranzgewinn mit Jonas Troxler die Punkte teilen. Mit je drei Siegen und Unentschieden blieb er ungeschlagen. Nach einem misslungenen Stat gab es Fabian Birchler mit zwei Siegen im Ausstich einen versöhnlichen Abschluss. Reto Pfyl und Jan Walker waren erfreulichweise bis zum Schluss dabei. Riesenpech hatte Florian Grab. Die alles entscheidendende, letzte Begegnung gegen Marc Lustenberger konnte er wegen einer Schulterverletzung nicht beenden und musste Forfait geben.
Dass Christian Schuler mit seinen 37 Jahren immer noch mitzuhalten vermag, hat er in Seedorf eindrücklich bewiesen. Obschon er in dieser Saison bereits vier Kränze holte, hatten ihn viele nicht mehr auf ihrer Rechnung. Meistens hatte er Startschwierigkeiten und so mit dem Ausgang an der Spitze schon früh nichts mehr zu tun. Das gleiche schien sich am Sonntag zu wiederholen. So musste er zum Auftakt gegen den Nordwestschweizer Gast Lars Voggensperger eine ärgerliche Niederlage hinnehmen, obschon er das Duell über weite Strecken dominierte. «Nicht schon wieder», werden sich viele Zuschauer gesagt haben und erahnten nichts Gutes. Dass man den fünffachen Eidgenossen nicht zu früh abschreiben sollte, zeichnete sich im Verlaufe des Festes ab. Er vermochte sich aufzurappeln und sich seiner noch immer vorhandenen Qualitäten zu besinnen. «Ich wusste, dass meine Form eigentlich stimmt, nur fehlte bis jetzt das Tüpfchen auf dem i.», das er nun aufsetzte. Es gelang ihm seine bisher so wirkungsvolle Schwingweise umzusetzen. Mit seinen Markenzeichen Kurz, Stich oder Wyberhaken holte er drei Maximalnoten in Serie und brachte sich damit vor dem Ausstich in eine günstige Ausgangslage. Eine harte Nuss hatte er mit Marc Lustenberger, dem Sieger des Ob- und Nidwaldner Kantonalen, zu knacken. Ihm war er am «Luzerner» noch unterlegen. Er stieg konzentriert in diesen Gang und zog seine festgelegte Taktik durch. Mit Kurz und Nachfahren am Boden glückte ihm die Revanche. Trotz des Unentschiedens gegen Marco Fankhauser zum Abschluss klassierte er sich im fünften Rang. Dabei hatte er Pech, dass der Unparteiische nach einer für ihn vorteilhaften Lage, den Kampf am Sägemehlrand abbrach. Obschon er sich darüber anfänglich ärgerte, nahm er den Kampfrichterentscheid sportlich hin. Damit erkämpfte sich der zweifache Familienvater und Inhaber eines eigenen Geschäfts seine fünfte «»Schlaufe» in dieser Saison und erhöhte damit seine Kranzsammlung auf 122. Dass ihm das «Innerschweizerische» in den Kram passt, beweisen seine 15 gewonnenen Kränze und Siege von 2016 und 2018.
Werner Schönbächler