Joel Wicki kam zu einem überlegenen Sieg
Martin Schönbächler und Alex Schuler holten den Tessiner Kranz
Die beiden Kranzgewinner vom Schwingklub Einsiedeln Alex Schuler (links) und Martin Schönbächler
Martin Schönbächler (rechts) im Angriff
Alex Schuler besiegt im Anschwingen zum Abschluss seiner Karriere Ronny Schöpfer
Mit Kurz sorgte Joel Wicki am Tessiner Kantonalen für die Entscheidung. Bereits nach acht Sekunden lag Marcel Bieri auf dem Rücken. Während Martin Schönbächler seinen ersten Kranz holte, trat Alex Schuler kranzgeschmückt zurück.
W.S. Das Schwingen stösst im Tessin zumindest publikumsmässig auf grosse Resonanz. Obschon noch nicht lange im Süden geschwungen wird, fanden 5’000 Zuschauende den Weg nach Biasca. Dabei mussten sie die Innerschweizer Fans die lange Anreise nicht bereuen. Die 200 Schwinger waren noch keineswegs saisonmüde und zeigten teilweise Schwingen vom Feinsten.
Nachdem Joel Wicki am ESAF in Mollis vor drei Wochen wegen eines Fehlurteils mit dem Ausgang um die Krone nicht mitreden konnte, hat er diesen Tiefschlag bereits weggesteckt. Er zog mit fünf souveränen Siegen in den Schlussgang ein. Bereits im Anschwingen beeindruckte er mit den Siegen gegen Matthias Bleiker und Roland Reichmuth. Den Eidgenossen Alex Schuler fertigte er in Windeseile ab. Nach einem längeren Geplänkel konnte er auch den Ausserschwyzer Wirbelwind Benjamin Züger mit Innerem Haken zu den Verlierern reihen. Um die Schlussgangteilnahme packte er Sven Wyss am Boden ein und liess nicht mehr locker bis zum Gut des Kampfrichters. Joel Wicki verlor in dieser Saison nur einmal gegen Marcel Bieri am Schwyzer Kantonalen in Einsiedeln im Schlussgang. Nun gelang ihm die Revanche auf eindrückliche Art. In den letzten fünf Duellen seit 2019 gab es zwischen den beiden zwei Gestellte und drei Siege für Bieri. Wicki bodigte seinen Angstgegner letztmals vor sieben Jahren.
Marcel Bieri hat nach seinem enttäuschenden Abschneiden am «Eidgenössischen» seine Lehren daraus gezogen. Nach seinem Sieg vor einer Woche am Allweg-Schwinget zeigte er sich in einer ausgezeichneten Spätform. Nach dem gestellten Auftakt gegen Marc Lustenberger kam er zu vier Siegen. In einer spannenden Begegnung gegen Michael Gwerder machte er das Rennen um die Schlussgangteilnahme. Mit einem Konter konnte er den Schwyzer auf den Rücken legen.
Der Luzerner Samuel Schwyzer klassierte sich mit dem Unentschieden gegen Jonas Burch und fünf Siegen auf dem alleinigen Ehrenplatz. Zuletzt kurzte er den Siebner Joel Kessler zum platten Resultat.
Ausgerechnet bei seinem letzten Fest verpasste der Urner Matthias Herger den Kranzgewinn.
Starker Schwyzer Auftritt
Wie nahe Erfolg und Misserfolg im Sport beieinander liegen, mussten die Schwyzer diese Saison öfter miterleben. Kaum zu glauben, aber wahr. Sie haben sich in Biasca ausgzeichnet geschlagen. Obschon sie den Luzernern die beiden ersten Plätze überlassen mussten, überzeugten sie mit einer starken Gesamtleitung. Eine Leistung, die in 12 Kopfschmücken (Rigiverband 3, Mythenverband 3, March-Höfe 3, Einsiedeln 2, Muotathal 1) zum Ausdruck kam. Die Luzerner (9), Ob- und Nidwaldner (5) sowie Zuger (3) folgten auf den nächsten Plätzen. Leer gingen die Urner und Tessiner aus. Der 18-jährige Maurus Heinzer holten nach einer dreijährigen Durststrecke einen Kranz ins Muotathal.
Martin Schönbächlers erster Kranz
Dass der 18-jährige Martin Schönbächler über grosses schwingerisches Potenzial verfügt, hat er schon mit dem dritten Platz am Eidgenössischen Nachwuchsschwingertag vor zwei Jahren in Sion angedeutet. Wegen eines Kieferbruches konnte er diese Saison erst eine Woche vor dem «Eidgenössischen» am Chilbischwinget in Einsiedeln beginnen und erreichte dabei gleich den Schlussgang. Der 202 cm grosse und 110 Kilogramm schwere Landwirtschaftslehrling rechtfertigte seine Nachnominierung für das Tessiner Kantonale auf überzeugende Weise. Mit vier Siegen, einem Gestellten sowie einer Niederlage erkämpfte er sich seinen ersten Kranz und blieb im dritten Rang bestklassierter Schwyzer. Sein Trainingsrückstand machte er mit seiner guten Technik wett. Nach dem unentschiedenen Auftakt gegen Noah Staffelbach bodigte er Sandro Rust mit der Höchstnote, worauf der gegen kranzerprobten Marco Heiniger den Kürzeren ziehen musste. Wenn er noch zu Kranzehren kommen wollte, durfte er sich keinen Ausrutscher mehr leisten. Er löste diese Aufgabe vortrefflich und brachte sich mit zwei Zehnerwürfen gegen Ivan Staub und David Waser in eine günstige Ausgangslage. In der alles entscheidenden Begegnung konnte er den nur schwer zu bezwingbaren Sven Wyss am Boden zum siegbringenden Resultat überdrehen. Im Übrigen verpflichtet sein Name. Er ist der sechste Kranzschwinger der Schönbächler-Dynastie vom Birchli. Sein Vater Sepp Schönbächler holte sich als Leichtgewicht den eidgenössischen Kranz. Wenn er unfallfrei bleibt und schwingerisch sowie körperlich an sich arbeitet, dürfte man von ihm noch hören.
Schulers siegreicher Abgang
Ohne Vorankündigung und ganz still beendete der 33-jährige Alex Schuler sein Laufbahn als Schwinger. Und er verabschiedete sich würdevoll. Nachdem er wegen eines Handgelenkbruchs erst im Juni in die Sägemehlringe zurückkehren konnte, erlebte er eine Achterbahnfahrt. Es war unübersehbar, dass ihn seine Verletzung bei gewissen Schwüngen stark einschränkte. Doch in Biasca packte er sein ganzes schwingerisches Können aus. Er begann mit Siegen gegen Ronny Schöpfer und Marco Herger. Chancenlos blieb er dann gegen Schwingerkönig Joel Wicki. Mit dem Sieg gegen Simon Gabriel war er nach vier Gängen weit vorne anzutreffen. Gegen Fabian Scherer fand er kein Rezept und musste über die volle Distanz gehen. Für den Kranzgewinn brauchte er unbedingt einen Sieg. Nach etlichen Anläufen kam er in der letzten Minute gegen Nils Theiler mit Kurz zu einer Zehn. Danach gab er ohne grosses Aufsehen bei der Rangverkündigung seinen Rücktritt vom aktiven Schwingsport bekannt. Insgesamt gewann er 34 Kränze, darunter zwei Eidgenössische und den Bergkranz auf der Rigi.
Alex Schuler galt als korrekter Schwinger, der eine starke Verteidigung hatte und Schwünge wie den Kurz, Inneren Haken und Bur meisterhaft beherrschte. Er war ein Schwinger mit Leib und Seele, der auch bei Erfolgen auf dem Boden blieb.
Knapp verfehlt
Nicht in die Kranzränge kamen die anderen Einsiedler. Der Trachslauer Fabian Birchler konnte nach drei Siegen und zwei Niederlagen um das Eichenlaub kämpfen. In einem hektischen Duell trennte er sich mit dem Entlebucher Verteidigungskünstler Simon Schmid resultatlos und verpasste damit den Kranz. Samuel Steinauer vermochte verlorenes Terrain aus den ersten vier Gängen nicht mehr wettzumachen. Doch mit zwei Siegen im Ausstich machte er einen grossen Sprung nach vorne. Reto Pfyl blieb mit vier Gestellten und zwei Siegen ungeschlagen. Die beiden Leichtgewichtler Andrin Kauflin und Jan Walker blieben bis am Schluss dabei. Sie konnten wie alle anderen Schwingern als Preis einen Laib Käse und ein Gewürzset in Empfang nehmen. Das verdeutlicht, dass im Tessin beim Gabentempel schmale Brötchen gebacken werden.
Werner Schönbächler