Joel Wicki holte seinen ersten Sieg auf dem Brünig

5’700 Zuschauer und heftige Regengüsse beim Brünigschwinget

Fabian Birchler (rechts) im Kampf gegen Josias Wittwer

Die Entscheidung im Schlussgang des Brünigschwingets zwischen Joel Wicki und Matthias Aeschbacher fiel in der ersten Minute. Mit einem Wyberhaken gewann der Schwingerkönig platt und feierte damit seinen ersten Sieg an diesem Bergklassiker.

W.S. Die Zuschauenden kamen bei unbeständigem Wetter in der herrlich gelegenen Brünig-Arena in den Genuss von vielen spannenden Zweikämpfen, bei denen auch gepfefferte Überraschungen nicht ausblieben. Man darf aber nicht vergessen, dass bei den Bernern mit Fabian Staudenmann, Curdin Orlik und Adrian Walther drei ihrer Haupttrümpfe fehlten.

Fünf Wochen vor dem eigentlichen Saisonhöhepunkt, dem «Eidgenössischen» präsentierten sich die Innerschweizer in vorzüglicher Verfassung. Bei Halbzeit – nach drei Gängen – hatte allerdings kein Schwinger mehr ein makelloses Notenblatt. Der 22-jährige Ibächler Michael Ulrich, der zur grossen Freude des Publikums dem höher eingestuften Berner Gobeli ein Unentschieden abtrotzte, lag völlig überraschend vorn. Nach dem nächsten Durchgang war die Zwischenrangliste mit Matthias Aeschbacher vor Joel Wicki, Pirmin Reichmuth und Michael Moser wesentlich aussagekräftiger, was für den Ausstich viel Spannung versprach. Dass es letztlich zur erneuten Auflage des Schlussgangs vom «Eidgenössischen» vor drei Jahren in Pratteln kam, was ganz nach dem Gusto des Publikums.

Wicki mit Première Schwung

Der 28-jährige Joel Wicki konnte bei seinem vierten Anlauf um den Tagessieg endlich reüssieren. Er schloss damit eine weitere Lücke in seinem eindrücklichen Palmarès. Nachdem das Duell mit dem Berner Gipfelstürmer Michael Moser nach viel taktischem Geplänkel resultatlos endete, kam der Schwingerkönig immer besser in Fahrt und liess die Schwingerherzen höherschlagen. Wie er die beiden Eidgenossen Patrick Schenk und Patrick Gobeli in seiner ungestümen Art mit Höchstnoten aus dem Weg räumte, erinnerte an seine allerbesten Tage. Keine Schwäche offenbarte er auch gegen Lars Zaug und kam mit einem wahren «Atomkurz» zum Resultat. Im Schlussgang überraschte er Matthias Aeschbacher mit einem linken Wyberhaken, den er erstmals erfolgreich anwendete. Damit holte der Ausnahmekönner seinen 27. Kranzfestsieg und scheint für das «Eidgenössische» seiner Höchstform entgegenzusteuern. «Der Sieg auf dem Brünig war ein Karrierenziel meiner Laufbahn, das ich nun erreichte habe», freute er sich. Dafür musste er viele Risiko nehmen, was königlich belohnt wurde. Wicki hatte bereits dreimal auf dem Brünig den Schlussgang erreicht, den Festsieg aber mit drei Gestellten verpasste. Wicki ist für Aeschbacher so etwas wie ein Angstgegner. Seit 2015 hat er den Emmentaler neunmal bezwungen und einmal gestellt.

Matthias Aeschbacher bewies, dass er nach wie vor zu den schnittigsten Waffen der Berner zählt. Seinem Unentschieden gegen Pirmin Reichmuth stehen vier Sieg gegenüber. Dabei erwies sich sein Spezialschwung, der Innere Haken, ein weiteres Mal als schwer zu verteidigen. Er musste den zweiten Rang mit dem Nordwestschweizer Joel Strebel teilen. Nach einem tollen Start mit zwei Siegen verlor er völlig überraschend gegen den Berner Oberländer Leandro Nägeli.

Innerschweizer besser als erwartet

Von den 19 abgegebenen Kränzen holten die Berner mit acht vor den Innerschweizern mit sechs und den überraschend starken Nordwestschweizern mit fünf am meisten «Schlaufen». Die Innerschweizer scheinen im taktischen Bereich einiges hinzugelernt haben. Nach diesem gelungenen Härtetest zählen Joel Wicki und Pirmin Reichmuth zu den Königskandidaten. Pirmin Reichmuth stellte sich dabei ganz in den Dienst der Mannschaft und trotzte Mattias Aeschbacher und Michael Moser Unentschieden ab. Mit vier Siegen stellte er seine Klasse unter Beweis. Für einen weiteren Lichtblick sorgte der Urner Lukas Bissig. Mit zwei Siegen im Ausstich blieb er zweitbester Innerschweizer. Weiter waren Joel Ambühl, Sven Schurtenberger und Noe van Messel Glanzpunkte der Innerschweizer.

Die Nordwestschweizer hielten sich mit fünf Kranzgewinnen wacker und haben mit Jonas Odermatt sowie Marius Frank zwei Hoffnungsträger in ihren Reihen.

Schwyzer ohne Kranz

Die Schwyzer vermochten bis zum dritten Gang mitzuhalten, doch dann kam allmählich Sand ins Getriebe. Um die Kranzgewinne lief dann alles schief. Der sonst gut disponiert gewesene Silvan Odermatt hatte gegen Jonas Odermatt das Nachsehen. In einem auf Biegen und Brechen geführten Duell musste Benno Heinzer gegen Etienne Burger kapitulieren und damit den Kranztraum begraben. Der «Eidgenosse» Michal Gwerder vermochte nach der Niederlage gegen Adrian Odermatt Terrain gutzumachen, ehe er sich mit einem weiteren Ausrutscher gegen Lars Zaugg grossen Druck aufsetzte. Obschon er zuletzt David Lüthi ständig attackierte und wesentlich mehr vom Gang hatte, kam er nicht über ein Unentschieden heraus. Ihnen ging es nicht besser als fünf Eidgenossen, die ebenfalls ohne «Kopfschmuck» heimkehren musste.

Birchler bis am Ende dabei

Dass der Brünigschwinget ein gnadenloses Fest musste Fabian Birchler bei seiner Première erfahren. Der Trachslauer zeigte aber keinen Respekt vor grossen Namen und griff keck an. So trotzte er bei seinen fünf Unentschieden Josias Wittwer, dem Stoossieger vor drei Jahren, ein beachtliches Unentschieden ab. Zum Abschluss bodigte er Sämi Nufer mit der Höchstnote und klassierte sich damit im 14. Rang. Seine Leistung verdient Anerkennung, da er als einer von wenigen in diesem Härtetest ungeschlagen blieb.

 

Werner Schönbächler