Armon Orlik erbten den Sieg und wurde neuer Schwingerkönig

Florian Grab im grünen Hemd

Fabian Birchler im Angriff

Adi Steinauer im Kampf gegen Leandro Nägeli

Die Einsiedler Akteure: Adi Steinauer, Florian Grab und Fabian Birchler 

Armon Orlik holte nach einem 18-jährigen Unterbruch den Königstitel in die Nordostschweiz zurück, obwohl er gar nicht den Schlussgang bestritt. In diesem trennten sich Samuel Giger und Werner Schlegel nach 16 Minuten resultatlos. Damit erbte Orlik den Sieg – der mit den beiden nach sieben Gängen punktleich lag. Zum Abschluss bodigte der 30-jährige Bündner Pirmin Reichmuth, der seinen Rücktritt gab und vom Publikum frenetisch gefeiert wurde. Begründet wurde Sieg von Orlik, weil er die meisten Punkte hatte. Es ist zum ersten Mal, noch nie wurde jemand Schwingerkönig, der nicht im Schlussgang stand. Orlik hob die starke Teamleistung der Ostschweizer von A bis Z hervor. Der Bauingenieur hat noch nie an einem eidgenössischen Anlass im Schlussgang gewinnen können. So verlor er vor neun am Eidgenössischen den Schlussgang gegen Matthias Glarner und im letzten Jahr unterlag er am Jubiläumsanlass «125 Jahre Eidgenössischer Schwingerverband» in Appenzell  gegen Fabian Staudenmann.

40 Kränze wurden in Mollis abgegeben. 17 davon gingen an Schwinger, die noch nie eidgenössisches Eichenlaub gewonnen haben. Von den Innerschweizern können sich neu Lukas Bissig, Sven Lang, Marc Lustenberger, Marco Reichmuth, Dominik Zangger und Silvan Appert künftig «Eidgenossen» nennen und haben damit drei Sterne hinter ihrem Namen.

Die Berner gewannen die Kranzverteilung mit zwölf Kranzgewinnen vor den Innerschweizern (10), und den Nordostschweizern (9). Die Nordwestschweizer sorgten mit acht Kranzgewinnen für ein dickes Ausrufezeichen. Die Südwestschweizer mussten sich mit einem «Exemplar» begnügen.

Die Binsenwahrheit, dass ein gutes Anschwingen bereits die halbe Miete wert sein kann, traf an den letzten «Eidgenössischen» nicht immer zu, was verdeutlicht, dass dieser Anlass mit acht Gängen seine eigenen Gesetze hat. Ein Blick auf die Rangliste am ersten Tag zeigte: Die Welt für die Innerschweizer war noch einigermassen in Ordnung. Auf den ersten fünf Plätzen waren nicht weniger als 18 Schwinger: 6 Nordost-, 5 Berner, 5 Innner-, und 2 Südwestschweizer. An der Spitze stand Werner Schlegel mit einem Viertelspunkt vor dem Berner Überraschungsmann Fritz Ramseier, der allerdings schon längst kein unberschriebenes Blatt mehr ist. Beide wiesen als einzige noch eine reine Weste auf. Dass auf den nächsten drei Rängen gleich 16 Schwinger   klassiert sind, widerspiegelte den Verlauf der bisherigen Saison.  

Was war bis dahin passiert? Joel Wicki bodigte zum Auftakt Michael Moser nach hartnäckiger Bodenarbeit und der Ostschweizer Werner Schlegel beförderte im ersten Zug Pirmin Reichmuth mit Kurz platt ins Sägemehl. Die anderen Spitzenpaarungen zwischen Fabian Staudenmann und Samuel Giger sowie Damian Ott und Adrian Walther endeten resultatlos. Der Berner Fritz Ramseier überraschte mit den Siegen gegen die drei Eidgenossen Sven Schurtenberger, Damian Ott und Joel Strebel und avancierte zusammen mit Werner Schlegel zum Mann des ersten Tages

Von den meistgenannten Favoriten hatten Joel Wicki und Armon Orlik noch immer die Chance, den Schlussgang zu erreichen. Die Ostschweizer hatten mit Schlegel, Domenic Schneider und Curdin Orlik gleich drei mögliche Kandidaten, weshalb ihre Aktien zu diesem Zeitpunkt am höchsten gehandelt werden.  

Joel Wicki strahlte bis zum diesem Zeitpunkt noch immer königliche Würde und  royales Selbstvertrauen aus. Es war ihm gelungen drei Siege an seine Fahne zu heften. Nicht zu knacken vermochte er die Verteidigung des Bündners Armon Orlik und ihn  zurückzubinden.

Die Ausgangslage nach dem ersten Tag war für  die Innerschweizer zwar nicht spektakulär, aber naheliegend gleich gut wie die der anderen Teilverbände. Doch eins stand fest, wie zum vorneherei anzunehmen war: Auf dem Weg zum Thron müssen sie an den Bernern und Nordostschweizer vorbeikommen. Von den meistgenannten Favoriten konnte Pirmin Reichmuth den Titelgewinn nicht mehr aus eigener Kraft schaffen. Dazu war sein Punkterückstand zu gross. Sein lädiertes Knie machte ihm sichtlich zu schaffen. Die Ausgangslage für den zweiten Tag liess noch viele Optionen zu und war noch nicht in Stein gemeisselt.

Lukas Bissig, Joel Wicki, Patrick Betschart, Sven Lang und Matthias Herger, das waren die besten Innerschweizer. Der Wettkampfauftakt verlief für dieses Quintett vielversprechend. Die Mannschaftstaktik spielte für den weiteren Verlauf eine zentrale Rolle.  Insgesamt gestaltete sich sie die zweite Wettkampfhälfte vollkommen offen. Denn an einem «Eidgenössischen» ist die Zwischenrangliste nach dem ersten Wettkampftag mit Vorsicht zu geniessen. Über acht Gänge konnte noch sehr viel passieren.

Zwei Schwyzer nicht im Ausstich

Für zwei der total 16 angetretenen Schwyzer kam nach vier Gängen das vorzeitige Aus. Für die Fortsetzung des Wettkampfs wäre die Punktzahl «35.75» nötig gewesen, was Adrian Steinauer und Bruno Schürpf nicht erreichten.  

Für die Schwyzer war dies keine schlechte Bilanz, wenn sie auch nicht zuvorderst anzutreffen waren, durften sie nicht abgeschrieben werden.  Doch dafür mussten sie sich steigern und grobe «Schnitzer» war nicht mehr erlaubt. 

Turbulente Gänge

Am frühen Sonntagmorgen überschlugen sich die Ereignisse. Wer an eine Aufholjagd der Berner und Innerschweizer geglaubt hatte, lag daneben. Die Nordostschweizer gaben weiter den Ton an und sorgten für Stimmung in der Arena. Die im Vorfeld favorisierten Berner blieben unter ihren Erwartungen und büssten Terrain an. Bei den Innerschweizern blieb ebenfalls ein Effort aus. An der Spitze kam es vorübergehend zu einem Leaderwechsel. Mit Domenic Schneider blieb die Führung jedoch in Ostschweizer Hand. Er lag einen Viertelpunkt vor Curdin Orlik und einem weiteren vor dem Trio Armon Orlik, Werner Schlegel und Matthias Herger. Joel Wicki teilte die Punkte mit Romain Collaud, wobei viele den Romand auf dem Rücken sahen. Selbst Schwingerexperten sprachen von einer Fehlentscheidung. 

Vor dem Kanzausstich – nach sechs Gängen – deutete vieles auf einenreinen Ostschweizer Schlussgang hin. Gemeinsam an der Spitze lagen Armon Orlik und Werner Schlegel mit deutlichem Vorsprung vor Domenic Schneider und Michael Moser. Joel Wicki blieb bester Innerschweizer. Doch die Verteidigung des Königstitels war in weite Ferne gerückt.

Schwyzer in Lauerpostion

Die Schwyzer starteten gut in die zweite Hälfte und konnte sich so nach vorne arbeiten. Lukas Heinzer, Fredi Bruhin und Patrick Betschart waren Bestklassierte im sechsten Rang. Weiter besassen Silvan Appert, Benjamin Züger, Pirmin Suter und Michael Gwerder noch intakte Kranzchancen. Sie durften sich aber keinen Ausrutscher mehr leisten. Von den 14 Schwyzern blieb nur gerade Reto Andermatt auf der Strecke.

Appert holte Kranz

Der 22-jährige Silvan Appert holte die Kastanien für die Schwyzer aus dem Feuer. Wie schon am letzten «Eidgenössischen» 2023 sorgte er für den einzigen Kranzgewinn. Der schlacksige Sennenschwinger zeigte eine konstante Leistung und lag nach dem sechsten Gang in einer günstigen Ausgangslage. Mit der Höchstnote gegen Pirmin Schwander hatte er den Kranz bereits auf sicher, sodass er sich zum Abschluss gegen Curdin Orlin ein Unentschieden leisten konnte. Die anderen Schwyzer hatte um den Gewinn der höchsten «Trophäe» im Schwingsport kein Wettkampfglück. Lukas Heinzer musste mit dem zweifachen Eidgenossen Philipp Roth die Punkte teilen. Pech hatte der Küssnachter Patrick Betschart: Den Kranz griffbereit liess er sich von Adrian Klossner übertölpeln. Der Siebner Fredi Bruhin brachte sich nach sechs Gängen in eine vielversprechend Position, die er nicht zu nutzen vermochte. So verlor er die beiden letzten Duelle gegen die Eidgenossen Benjamin Gapany und Christian Gerber. Da Michael Gwerder im siebten Gang gegen Alex Schär den Sieg vergab, verpasste er  trotz des gegenSieges Janos Bachmann den «Kopfschmuck».  

Zwei Einsiedler im Kranzausstich

Vom Trio des Schwingklubs Einsiedeln schafften Fabian Birchler und Florian Grab bei ihrer ersten Teilnahme am «Eidgenössischen» den Kranzausstich, den Adrian Steinauer verpasste.

Die «Einsiedler» erlebten die unterschiedlichsten Fazetten eines «Eidgenössichen». Für Adrian Steinauer brachte seine sechste Teilnahme auf höchster Ebene kein Glück. Irgendwie war es ein Spiegelbild dieser Saison, die ihm ein Wechselbad der Gefühle mit Hochs und Tiefs brachte. Wegen Knieproblemen musste er seine Einsätze auf ein Minimum beschränken, was nicht die besten Voraussetzung für dieses gnadenlose Fest waren. Dennoch begann er mit dem Unentschieden gegen den Brünig-Kranzgewinner Leonardo Nägeli. Trotz Vorteile musste er gegen Dario Bühler eine keineswegs zwingende Niederlage hinnehmen. In einem offenen Duell teilte er mit mit Berner Verteidigungskünstler Hanspeter Luginbühl die Punkte, was für ihn das Aus bedeutete.

Dass Florian Grab und Fabian Birchler bis zum Schluss dabei sein werden, hätten im Vorfeld nicht viele unterschrieben. Der 25-jährige Fabian Birchler legte zu Beginn Janik Korrodi mit einem herrlichen Kurz-Fussstich, seinem Spezialschwung, auf den Rücken. Nach drei Niederlagen und einem Unentschieden brauchte er für das Weiterkommen unbedingt einen Sieg. Mit dem Aufbieten seiner letzten Kraftreserven und einem taktisch klug geführten Gang holte er sich die dafür nötigen Siegespunkte gegen den Nordwestschweizer Robin Studinger. Im Kranzausstich musste sich von Kjetil Fausch und Paul Tornare das Sägemehl vom Rücken wischen lassen.

Florian Grab, der wegen einer ausgerenkten Schulter  lange Zeit um seine Teilnahme bangen musste, startete mit den beiden Niederlagen gegen Dominik Binggeli und Karim Gaber als andere als vielversprechend in den Wettkampf. Doch vermochte er sich aufzufangen und die Höchstnote gegen den Amerikaner Marshal Brockway gaben den Ausschlag für das Weiterkommen. Wie der dann den Westschweizer Paul Tornare mit der Höchstnote bodigte, trug ihm viel Applaus ein. Mit der Niederlage gegen den Berner Eidgenossen Pirmin Schwander schloss er seinen Wettkampf ab.

Werner Schönbächler