Fabian Staudenmann kam zu einem überlegenen Sieg
Berner-Dominanz beim Stoosschwinget vor 3’750 Zuschauer
Hauptfavorit Fabian Staudenmann bodigte im Schlussgang seinen Verbandskollegen Adrian Walther nach einer Minute mit Kurz und vervollständigen am Boden in der Schere. Die Berner gaben an der Spitze den Ton an. Die Schwyzer erlebten eine schmerzliche Niederlage.
W.S. Die Zuschauer mussten schon vor Beginn einen Dämpfer hinnehmen. So fehlte Schwingerkönig Joel Wicki wegen einer Knieverletzung. Der Auftakt brachte für die Innerschweizer eine weitere herbe Enttäuschung. Nachdem Adrian Walther mit dem Ellbogen unabsichtlich Marcel Bieri an der Nase erwischte, musste der Zuger den Wettkampf aufgeben und zur weiteren Abklärung ins Spital überführt werden. Dennoch verlief das Geschehen in den drei Sägemehlringen spannend und es wurde Schwingen vom Allerfeinsten zelebriert. Bei Halbzeit – nach drei Gängen – hatte nur noch die Berner Adrian Walther, Fabian Staudenmann und Christian Gerber eine reine Weste. Die Gastgeber und Westschweizer lagen aber in günstiger Lauerposition, sodass sich viele in der Mittagspause fragten, ob sie die «Mutzen» noch gefährden können.
Allmählich begann ein Favoritensterben in Raten. So strauchelte der im Vorfeld heiss gehandelte Mitfavorit Pimin Reichmuth schon vor dem Kranzausstich. Weitere Eidgenossen wie Lario Kramer und Severin Schwander landeten etwas im Abseits und fielen aus der engeren Entscheidung. Auch nach dem nächsten Durchgang lag das schon zuvor führende Trio in Front. Das Rennen um die Schlussgangteilnahme machten mit Fabian Staudenmann und Adrian Walther zwei mögliche Königsanwärter.
Der 23-jährige Mathematikstudent Fabian Staudenmann lieferte ein Meisterstück ab. Er hatte seine Kontrahenten fest im Griff und zeigte nicht die geringste Schwäche. Seiner kompromisslosen Schwingweise vermochte keiner etwas entegegenzusetzen. Bereits zum Auftakt reihte er nach kurzem Geplänkel Joel Ambühl mit einem bilderbuchmässigen Kurz zu den Verlierern. Etwas mehr Mühe hatte er gegen den Ringer-Spezialisten Fredi Bruhin, den er nach mehreren Anläufen mit seiner unverkennbaren Bodenarbeit besiegte. In einem hochstehenden Duell, das die Zuschauer förmlich von Sitzen riss, wurde er von Lukas von Euw mit Kurz hart bedrängt, ehe er mit demselben Schwung zum Ziel kam. Nichts anbrennen liess er im Schlüsselduell gegen Pirmin Reichmuth. Auch hier hiess sein Siegesrezept Kurz mit anschliessendem Vervollständigen in der Schere. Chancenlos blieb auch Christian Gerber. «Im Schlussgang ging ich die Sache einfach locker an, was sich als richtig erwiesen hat», gab er zu Protokoll. Der erste Bergklassiker wurde für ihn zu einem Erfolg in allen Belangen. Der Modellathlet konnte sich zum ersten Mal auf dem Stoos in die Siegerliste eintragen lassen. Dabei wirkte er derart souverän, dass er auf keine Schützenhilfe angewiesen war. Von den sechs Bergklassikern fehlt ihn nur noch der Sieg auf dem Brünig. Als einziger Schwinger hat bisher Martin Grab alle Bergkranzfeste für sich entscheiden können.
Adrian Walther bestätigte einmal mehr, wozu er fähig ist, besonders wenn er von Beginn weg in die Gänge kommt. Mit seinen Gardemassen und seiner starken Athletik unterstrich er seine Gefährlichkeit. Dazu kommt sein magistraler Kurz, den nur wenige verteidigen können. Doch versteht er es, nicht nur von Stand, sondern auch am Boden zu schwingen. Mit diesen für ihn typischen Kennzeichen arbeitete er sich mit lauter Siegen in den Schlussgang vor. Auf dem Weg dorthin hatte er allerdings harte Nüsse knacken. So bereiteten ihm Lario Kramer und Samuel Schwyzer einiges Kopfzerbrechen. Doch mit seinen ständig vorgetragenen Angriffen zermürbte er sie bis zu deren endültigen Kapitulation.
Die Schlussrangliste dokumentiert das gegenwärtige Stärkeverhältnis bei diesem Quervergleich von drei Teiverbänden. Auch die nächsten Plätze wurde von Bernern eingenommen. Nach seinem Start-Unentschieden gegen Primin Reichmuth kam Matthias Aeschbacher immer besser in Fahrt. Während er Jonas Troxler erst kurz vor Zeitablauf bezwingen konnte, kam er darauf mehrheitlich mit seinem Spezalschwung, dem inneren Haken, zu schnellen Siegen. Zuletzt konnte er sich bei Ueli Rohrer für eine zuvor an einem Berner Kantonalen erlittene Niederlage revanchieren. Severin Schwander gestaltete den Ausstich gegen Sven Lang und Marc Lustenberger siegreich. Für viel Freude sorgte Lukas Bissig bei den Innerschweizer Zuschauern. Ein Bravourstück lieferte er mit dem Sieg gegen Patrick Gobeli ab. Der 24-jährige Luzerner Kilian Bühler konnte sich erstmals an einem Bergklassiker den «Kopfschmuck» aufsetzen lassen. Für die Westschweizer holte der Eidgenosse Romain Collaud die Kastanien aus dem Feuer.
Von den 14 abgegebenen Kränzen holten die Innerschweizer mit sieben, vor den Bernern (6) und Südwestschweizern (1) am meisten «Exemplare».
Schwyzer gingen leer aus
Dass Bergklassiker keine Gnade kennen und unbarmherzig sein können, mussten von fünf der elf angetretenen Eidgenossen erfahren, die den «Kopfschmuck» verfehlten. Die Schwyzer blieben seit Jahrzehnten auf dem Stoos ohne Kranzgewinn und musste eine schmerzliche Niederlage einstecken. Der Siebner Fredi Bruhin verpasste den Kranz um lediglich einen Viertelpunkt und blieb damit bester Schwyzer. Im alles entscheidenden letzten Gang trennte er sich mit dem starken Berner Verteidiger Lukas Renfer nach turbulenten Szenen resultatlos. Patrick Betschart war nach vier Gängen noch weit vorne anzutreffen und durfte sich Hoffnungen auf ein gutes Ergebnis machen. Doch im Ausstich unterlag er Matthias Aeschbacher und teilte die Punkte mit Sven Lang. Der 23-jährige Schwyzer Lukas von Euw vermochte das Publikum mit seinem Draufgängertum phasenweise zu begeistern. Doch mit den Niederlagen gegen Lukas Renfer und Kilian Bühler in den beiden letzten Durchgängen büsste er erheblich Terrain ein. Ebenso erging es Lukas Heinzer, dem die Felle mit den Niederlagen gegen Pirmin Marco Reichmuth ebenfalls zuletzt davonschwammen.
Der Trachslauer Fabian Birchler blieb mit je zwei Unentschieden und Niederlagen frühzeitig auf der Strecke.
Werner Schönbächler