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Rücktritt

Sonntag, 06. Mai 2018

Tschau Martin!

Mit dem Schwyzer Kantonalen in Sattel hat sich Martin Grab unweit seines Wohnortes eine würdige Bühne für seinen Abschied vom Schwingsport ausgesucht. Dabei fiel auch sein letzter Wettkampf mit dem Kranzgewinn ehrenvoll aus. Im ersten Gang wurde er von Marcel Mathis mit Innerem Haken zu den Verlierern gereiht. Viele sahen dabei ein flüchtiges Resultat. Mit einem wunderbaren Lätz bezwang er Marcel Arnold und überwuchtete Fabian Herger und Roman Amgarten mit Gammen. In einem offenen Gang wurde er von Reto Gloggner mit Kurz bezwungen. Für den Kranzgewinn brauchte er damit gegen Simon Schmid einen Sieg. Obschon er den Entlebucher immer wieder hart bedrängte, wollte ihm vorerst kein Siegesresultat gelingen. In der letzten Minute setzte er nochmals alles auf einen Karte und kam mit einem Wyberhaken zu einer «Zehn». 

Nach seinem letzten Gang kamen seine Fans dutzendweise, um ihm die Hand zu schütteln und sich mit ihm fotografieren zu lassen. Seine Klubkollegen hatten ihm einen herzlichen Abschied bereitet. Philipp Schuler dankte ihm kurz und bündig, was er alles geleistet hat. Anschliessend trugen sie ihn auf den Schultern unter kräftigem Beifall und «Juzer» der 4’500 Zuschauer  rund um den Festplatz. Insgesamt steht er mit 125 Kränzen, wovon sieben «Eidgenössischen»,  an vierter Stelle der ewigen Bestenliste. Hinzu kommen 33 Kranzfestsiege. 

Die Konstanz, die diesen Erfolgen zugrunde liegt, ist sehr beeindruckend, obschon ihn Verletzungen besonders die letzten vier Jahre immer wieder zurückgeworfen haben. «Alles hat mal sein Ende», sagte er einen Tag nach seinem Sieg am Zuger Kantonalen. Das Wort «Rücktritt» tönt in seinem Fall etwas dramatisch. Denn Martin Grab betonte in der Vergangenheit immer wieder, wie er diesen Sport nach wie vor liebt und sich freut, an Festen teilzunehmen. Doch seine lädierte, linke Hüfte schmerzte immer mehr und erträgt nicht mehr alle Belastungen.  Jeder seiner Siege sei schön gewesen, hielt der Rothenthurmer fest, bevor er den Festplatz verliess. Besonders Eindruck hätten ihm alle jene Erfolge gemacht, für die er hart habe arbeiten müssen. Aus seiner Sicht war das der Sieg am Unspunnenfest 2006. «Aber», so Grab, «ich bin mit allen meinen Siegen zufrieden, auch mit jenen 61 an Rangschwingfesten.  Auch heuer, die von vielen Beobachtern als «die Saison zuviel» betrachtet wurde, klappte es noch einmal, sodass er die  Schwingerbühne nun gebührend verlassen kann. Damit schliesst sich ein Kreis. Martin Grab – das ist die Geschichte eines Athleten – der als erster Schwinger überhaupt alle sechs «Bergklassiker» gewinnen konnte. Am «Eidgenössischen» verhinderte nur das nötige Quäntchen Glück den Sieg. 

Doch man müsse auch Niederlagen hinnehmen lernen, dass man eben nicht immer gewinnen könne, stellt er fest. 

Er baute sich über Jahre ein unerschöpfliches Selbstvertrauen auf, ohne dabei überheblich zu werden. Obwohl Martin Grab den anderen während Jahren öfter vor der Sonne stand und eine harte Nuss für sie bedeutete, war er unter seinen Gegnern immer beliebt. Er war ein Star des Schwingsports, führte sich aber nie als ein solcher auf. Ihm war und ist die Schwingerfamilie sehr wichtig, und entsprechend fühlte er mit den anderen mit, nahm sich Zeit für sie und gab ihnen kollegiale Ratschläge. Von seinem Wissen konnten und können viele Jungschwinger profitieren, die ihn zum Vorbild nahmen. Darunter sind grosse Namen wie der Bündner Armon Orlik. Viele Junge sagen, dass es «geil» wäre, einmal so schwingen zu können wie Grab. 

All seine Erfolge verdiente er mit seiner ausgezeichneten Technik, seiner Physis und nicht zuletzt seiner eisernen Disziplin. Grabs Schwingstil war geprägt von seiner Vielseitigkeit und seinem beinahe unerschöpflichen Repertoire an Standschwüngen, verbunden mit variantenreichen Kombinationen. Diesen Stil musste er sich auch erst mal erarbeiten.  Er war nicht nur spektakulär, sondern auch erfolgreich. Damit gehörte er zu den «Bösesten». Er wusste stets genau, dass man auch im Schwinger-Metier einen Stein sorgfältig auf den andern bauen muss.  Es gibt einen Ruedi Hunsperger, es gibt einen Ernst Schläpfer, es gibt einen Jörg Abderhalden und es gibt einen Martin Grab. Er war einfach ein begnadeter Kämpfer und damit ein grosser Sympathieträger des Schwingsports weit über die Verbandsgrenzen hinaus. 

Doch er lernte auch die Kehrseite der Medaille im Leben kennen. Als er gerade mal zehn Jahre alt war, verunglückte sein Vater bei einem Autounfall tödlich. In dieser schweren Zeit bewies der junge Martin Kraft und Willen. Er half mit, die Kühe auf dem Bauernhof zu versorgen und molk sie Tag für Tag. 

Mit Martin Grab hat am Sonntagabend ein ganz Grosser des Schwingsports, ein Ausnahmekönner, «tschüss» gesagt und die breiten Zwilchhosen für immer an den berühmt berüchtigten Nagel gehängt. Viele können es gar noch nicht glauben, dass «Märtel» nicht mehr dabei sein wird.  

Nichts zu tun hat der der bald 39-Jährige nach dem Karrierenende aber beileibe nichts. Der fünffache Familienvater hat einen eigenen Spenglereibetrieb und ist nebenbei noch Hobby-Bauer. Dem Schwingsport bleibt  er als Präsident des Schwingklubs Einsiedeln verbunden. Die freien Sonntage sind ihm nach dreissig Schwingersaison mehr als zu gönnen. 

Martin Grab hat als Sportler und Mensch meine tiefe Bewunderung. Er hat geschwungen wie er lebt, elegant und mit Stil. Für mich ist und bleibt er als «ungekrönter König», ein Gentleman der hohen Schwingkunst. 

 

Werner Schönbächler  

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